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"NienBurg!"
Die Stadtmuseen


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Bremen, den 17.12.2019

Betr. Fragen an die Leiterin der Museen in Nienburg

Sehr geehrte Frau Dr. Nowak-Klimscha -
  
Gern möchte ich ihnen folgend einige Fragen zu ihrem Museum, dem Konzept und der Vermittlung ihrer Inhalte stellen, um damit das Museum in meiner entstehenden Ästhetischen Feldforschung nicht nur mit der Architektur sondern auch vom Inhalt her einzubeziehen.

MW: Als Leiterin des Stadtmuseums verwalten Sie ein großes Areal mit mehreren Häusern. Sie bespielen in Nienburg das Quaet-Faslem-Haus mit Biedermeiergarten, den Fresenhof, das Hallenhaus mit dem Niedersächsischen Spargelmuseum sowie das Lapidarium.
Von den Exponaten her decken Sie die enorme Zeitspanne vom Paläolithikum bis zum Frühmittelalter und vom Mittelalter bis in die Gegenwart ab.
Wie verstehen Sie das Museum einer Stadt mit rund 33.000 Einwohnern - provokant gefragt: Als klassisches "Heiligtum der Musen"? Oder als Ort der Sammlung, Konservierung, Forschung und Vermittlung regionaler Themen?  Oder blicken Sie über die Gegenwart hinaus in die Zukunft und sehen sich als einen Ort der Begegnung verschiedener Kulturen und der Diskussion über verschiedene Auffassungen vom Leben, die sich in Objekten verdinglichen?

KNK: Das Museum Nienburg ist für mich kein Elfenbeinturm der Forschung. Wir sind ein offener Betrieb, wir verstehen unsere Arbeit in erster Linie als Service für unsere Gäste.
Wir vermitteln die regionale und durchaus auch überregionale Geschichte und Kultur mit dem Ziel, Identität für Einheimische und Zugezogene zu schaffen und zu erhalten. Z.B. mit unserer aktuellen Sonderausstellung zum Thema Klimawandel blicken wir aber auch in die Zukunft und sind weit entfernt davon, nur „Altes und Verstaubtes“ zu präsentieren.
Für mich ist es wichtig, das unsere Besucherinnen und Besucher bei uns ins Gespräch miteinander kommen, wir verstehen uns als Ort der Begegnung, an dem Menschen zusammenkommen können.

MW: Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt darin, Konzepte zu entwickeln. Und Sie sind darüber hinaus zuständig für Forschung, Öffentlichkeitsarbeit und Vermittlung. Dies alles wird mit einem sehr kleinen Stab an Mitarbeitern geleistet. Ist bei der knappen personellen Besetzung über die Verwaltung der verschiedenen Einrichtungen, den Dauerausstellungen und den Sonderausstellungen hinaus überhaupt noch "Neues" zu bewegen?
Haben Sie Interesse und die Möglichkeiten, mit innovativen Techniken, Methoden, Themen und Medien zu experimentieren um für die Anforderungen der Zukunft gewappnet zu sein?

KNK: Das Museum Nienburg arbeitet in allen klassischen Museumsaufgaben „Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln und Ausstellen“. Natürlich können wir nicht alles zu jeder Zeit gleich intensiv bearbeiten, sondern es bilden sich immer wieder Schwerpunkte.
Über die Sammlungsverwaltung und auch Sonderausstellung bewegen wir immer wieder „Neues“ – jede Arbeit an einem neuen Thema ist für uns neu.
Wir wollen den Menschen ja auch immer wieder etwas Neues anbieten. Die Nutzung von Technik z.B. im Ausstellungsbereich ist in der Tat nicht immer einfach, weil sie oft sehr wartungsanfällig ist und das können wir finanziell kaum leisten. Nicht funktionierende Medienstationen sind auch nicht sehr schön anzusehen.
Wir nehmen darüber hinaus Anteil an neuen Entwicklungen im Museumswesen, bilden uns fort – und schauen dann, was wir für uns übernehmen können.

MW: Stadtmuseen sind Heimatmuseen, in denen jene Artefakte und Dokumente bewahrt werden, die die Geschichte des Standortes und der Region bestimmt haben oder Ausdruck dieser Geschichte sind.
Wie sehen Sie ihr Museum in der multikulturellen, intermedialen und digital-vernetzten Gesellschaft in der sich Interesse an Vergangenheit und Wahrnehmung radikal ändern?

KNK: Ich glaube, dass das Interesse an der Vergangenheit weiterhin ungebrochen ist. Museen erfreuen sich anhand der Besucherzahlen wachsender Beliebtheit. Die Tatsache, dass Museen heute keine Tempel der Wissenschaft sind, sondern Orte der Freizeitgestaltung zeigt, wie wichtig sie weiterhin sind.
Mit Veranstaltungen, Führungen und Vermittlungsangeboten erreichen wir eine breiten Querschnitt der Bevölkerung.

MW: Was halten Sie von der Idee, Heimatforschung mit Kunst zu vernetzen, um darüber neue Zusammenhänge herzustellen sowie zeitgemäße Sichtweisen zu entwickeln und zur Diskussion zu stellen?

KNK: Beides schließt sich nicht aus, sondern kann einander ergänzen. Was eine „zeitgemäße Sichtweise“ ist, hängt wohl immer vom gewählten Thema ab.

MW: Sind ihre Schriften, Bilder und Objekte digitalisiert? Und wenn ja, wie leistungsfähig ist ihr Inventar bei dem man Gesuchtes über verschiedene Stichworte oder Bilder möglichst komfortabel finden kann? Kann man sich über das Internet über den Bestand informieren und so neugierig werde, die Exponate real im Museum zu besichtigen?

KNK: Unsere Sammlung ist in einer Datenbank erfasst. Wir arbeiten laufend daran, die Datensätze mit Fotos zu verbinden. Im Internet ist sie nicht abrufbar.

MW: Haben Sie in ihrem Bestand der Objekte, Abbildungen und Schriften auch Klänge der Stadt gesammelt?
Falls dies nicht der Fall ist stellt sich die Frage: Halten Sie das Medium "Klang" für eine Stadtgeschichte und Stadtidentität für bedeutend?

KNK: Was bedeutet „Klänge der Stadt“, ich verstehe die Frage leider nicht. Wir sammeln Kulturgüter, eine Glocke z.B. kann das sein – wir sammeln keine Tonaufnahmen o.ä.
  
MW: In ihrem Bildbestand befinden sich mit Stand 1.1.2020 rund 28.000 Fotos, 7.000 Postkarten sowie 17.000 Diapositive. Gibt es neben diesen auch Druckgrafik und gemalte Bildoriginale?
Welche Themenbereiche (Landschaft, Stadt, Stillleben, Menschen) zeigen diese Bilder im Schwerpunkt?
Was ist ihr ältestes Foto-Dokument und was ist das aktuellste? Wie aktuell sind Sie mit den Bilddokumenten überhaupt?

KNK: Ja zu Grafiken und Gemälden, alle mit Bezug zur Region oder von einem lokalen Künstler/Künstlerin. Ältestes Bild: Visitbild, Porträt einer unbekannten jungen Frau mit Reifrock/ Krinoline, 1850er Jahre. Aktuellstes Bild: Vortragsveranstaltung Dezember 2019.

MW: Haben Sie in ihrer Sammlung neben einzelnen Postkarten mit Stadtansichten und privaten Fotos auch professionell-fotografierte, durchgängige Bestandsaufnahmen der Stadtästhetik zu verschiedenen Zeiten?

KNK: Postkarten ja, professionell-fotografierte Stadtansichten eher nein.

MW: Gibt es bei ihnen einen Sammlungs-Schwerpunkt mit Portraits (als Ausdruck von Identität) von Menschen der Stadt?

KNK: Nein.

MW: Hat sich ihr Museum schon einmal gezielt mit der Frage beschäftigt, wie sich das aktuelle Verständnis für "Identität" von Nienburg in Bildern und in Objekten ausdrückt?

KNK: Nein – auch wenn wir unser Bildarchiv aus genau dem Grund betreiben.

MW: Wie würden Sie die städtische "Identität" beschreiben? Was macht "Nienburg" aus? Was macht Nienburg "besonders"? Was ist in Nienburg anders als in anderen Städten?

KNK: Was für eine Frage – das ist doch sicher für jeden persönlich verschieden. Und die Frage geht doch sehr ins Persönliche und da kann ich dann nicht als Museumsleiterin sprechen.
Ich mag Nienburg sehr; ich komme aus dem Ruhrgebiet, habe lang in Berlin gelebt und bin eigentlich ein Großstadtkind. Aber die Vorteile unserer Kleinstadt, wie z.B. die allgemeine Freundlichkeit, die kurzen Wege und sicher auch die etwas langsamere Gangart machen das Leben hier sehr lebenswert.

MW: Welche Atmosphären, Architekturen, Ensembles und Objekte bezeichnen SIE als prägend für die Identität von Nienburg? Können Sie maximal 15 Namen nennen?

KNK: Altstadt, Fachwerkbauten, Klassizismus, Fresenhof, Quaet-Faslem-Haus mit Biedermeiergarten und Spargelmuseum, Posthof, Stockturm, Kirche St. Martin, Weser, grüne Landschaft drumherum.

Besten Dank für ihre Antworten.
Michael Weisser


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