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"NienBurg!"
Fragen an den Bürgermeister
Henning Onkes

MW: Herr Onkes - seit 13 Jahren wirken Sie als Bürgermeister von Nienburg an der Weser und kennen die Hintergründe und Geschicke ihrer Stadt mit rund 33.000 Einwohnern.
Der Rat der Stadt hat in der 1. Fortschreibung des Leitbildes für Nienburg an der Weser im Jahr 2018 die Aussage verabschiedet:
"Nienburg, aufgeschlossen, kompakt, solidarisch, sympathisch, authentisch, fortschrittlich, steht im Wettbewerb der Städte und Regionen."
Ein Leitbild beschreibt mit dem angestrebten Zustand eine möglichst ideale Vorstellung, die aus der Vergangenheit über die Gegenwart bis in die Zukunft wirkt.
Wie ist ihre persönliche (!) Meinung zum "Spirit" ihrer Stadt? Wie empfinden Sie die Ausstrahlung und die besonderen Qualitäten hier vor Ort und was für Reaktionen erhalten Sie auf Nienburg von außen?

Henning Onkes: Nienburg "natürlich" an der Weser ist das Motto des Leitbildes. Es will durch die Stadt weiter entdeckt werden. Hierzu dient in 2020 auch ein Freiraumwettbewerb.

MW: Städte sind im allgemeinen Verständnis auf wenige Stichworte reduziert und sie reduzieren sich in ihrer Außendarstellung durch Wirtschaftsförderung und Tourismus auch bewusst selbst, um Prägnanz im Reigen der Konkurrenz zu erzielen.
Bremen nennt die Stadtmusikanten, den Roland und das Rathaus. Mit Köln verbindet man den Dom und den Karneval. Hamburg steht für seinen alten Hafen und die neue Elbphilharmonie, und mit Worpswede verbindet man seine romantische Künstlerkolonie aus der Jahrhundertwende.
Welche Architekturen, Orte, Objekte oder Namen sind für Nienburg herausragend, typisch, prägend? Können Sie fünf Namen nennen und die Bedeutung begründen?

Henning Onkes: 1. Historische intakte Altstadt. 2. Mittelweserzentrum. 3. Spargel. 4. Europa's schönster Wochenmarkt > lebendige Stadt. 5. Kultur-Zentrum.

MW: Tourismus ist zweifellos eine starke Wirtschaftskraft. Tourismus wirkt, wenn man den Besuchern attraktive Angebote machen kann, eine Stadt oder eine Region zu erkunden, sie zu genießen und einprägsame Erlebnisse mitzunehmen.
Aber der Charakter der Stadt ist auch wichtig für die Identität ihrer Bewohner. Menschen brauchen ein Gefühl für Heimat als ihren Wohlfühlort, an dem man sich aufgehoben, eingebunden und geschätzt fühlt und das nicht nur in der Gegenwart sondern auch in Zukunft.
Das Leitbild für Nienburg sagt dazu: "Wir müssen wissen, wie wir uns in der Zukunft positionieren. Wohin soll unsere Reise gehen? Wo will Nienburg 2030 stehen?"
Wie ist ihre persönliche Antwort auf diese Frage, wie sehen Sie den Schwerpunkt bei der Zukunft ihrer Stadt mit romantischem Kern in einer zunehmend digitalen Welt?

Henning Onkes: Menschen wollen sich begegnen: Plaza Lange Straße, Wochenmarkt, Altstadtfest, Adventzauber, Kino, Dritter Ort Wissensburg, Sozio-Kultur, Theater, Museum...

MW: "ars loci" ist der Kunstpreis ihrer Stadt. Es geht um Kunst für die Stadt, in der Stadt und mit der Stadt. Könnte diese Initiative in der Zukunftsplanung eine stärkere Bedeutung bekommen als es momentan der Fall ist?
Macht es nach ihrer Sicht Sinn, in einem zeitgenössischen, intermedial (!) ausgerichteten Festival zwischen bildender und darstellender Kunst die anstehenden Themen der analogen und zunehmend digitalen Gesellschaft sichtbar machen und auf vielfältige Weise zur Diskussion stellen?
Ich denke an Experimente, die Medienkunst, Performance, Musik, Literatur und Kulturformen für Erinnerung und Vielfalt einbeziehen, in die der Kunstpreis der Stadt eingebettet ist und hinter deren Finanzierung eine Solidargemeinschaft aus Politik, Wirtschaft und kulturellen Stiftungen steht. Wäre das ein konstruktiver Beitrag zur Zukunftsprägung von Nienburg.

Henning Onkes: Kunst, Kultur, Bildung sind die neue Magneten (früher Konsum) der Innenstädte. Menschen wollen Zeit qualitätsvoll einsetzen. Kunstprojekte können wichtige Beiträge leisten den Weg dorthin zu bereiten.

Bremen/Nienburg 6.12.2019