Bremen - Der Riensberger Friedhof
Statements von Zeitzeugen:


An Herrn Prof. Dr. Georg Skalecki
Landesamt für Denkmalpflege
Der Landeskonservator
Sandstraße 3 – 28195 Bremen

29. August 2020
Betr. Fragen zum Denkmalschutz >>> PDF

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Georg Skalecki –

Das Landesamt für Denkmalpflege hat nach dem „Gesetz zur Pflege und zum  Schutz der Kulturdenkmäler“ als Landesgesetz der Freien Hansestadt Bremen vom 27.5.1975 (DSchG mit Neufassung vom 18.12.2018 – Brem. GBL/218,631) die Aufgabe übernommen, auch die denkmalwürdigen Grabanlagen auf dem Riensberger Friedhof in Bild und Beschreibung zu dokumentieren.

Zu diesem Verfahren des Denkmalschutzes ergeben sich für meine aktuelle Forschung zum Riensberger Friedhof einige Fragen um deren Beantwortung ich Sie freundlichst bitte, damit ich ihr Amt zitieren kann:

1. Wie ist der aktuelle Status des Denkmalschutzes im Jahr 2020 für den Riensberger Friedhof? Was genau steht im Fall der Gesamtanlage unter Schutz und was bedeutet Schutz (Empfehlung oder Verordnung)?

LfD: Der Friedhof samt Ausstattung in seiner ursprünglichen Ausdehnung von 1875 (Bezug ist ein erhaltener Plan von 1895), ohne die Erweiterungen der Nachkriegszeit steht als Ensemble unter Denkmalschutz. Dazu zählen auch alle Hochbauten der Vorkriegszeit. Für die Friedhofsverwaltung (Umweltbetrieb Bremen) war eine Liste mit 78 besonders schützenswerten Grabmalen hinzugefügt, die seit der Unterschutzstellung in Abstimmung mit dem Umweltbetrieb zu gegebenem Anlass redigiert worden ist. Die Unterschutzstellung bedeutet, dass, wenn Umbaumaßnahmen auf dem Friedhof beabsichtigt oder wenn Erhaltungsmaßnahmen notwendig werden, diese mit dem Landesamt für Denkmalpflege abzustimmen sind. Es handelt sich um einen gesetzlichen Schutz auf der Grundlage des Bremischen Denkmalschutzgesetzes.

2. Im Einzelschutz liegt das frühere Krematorium (heutiges Kolumbarium) wie lautet hier die Formulierung der Unterschutzstellung?

LfD: Das 1905-1906 von Heinrich W. Behrens errichtete und 1927 erweiterte Krematorium Riensberg ist bereits 2000 ein geschütztes Einzeldenkmal. Der Einzeldenkmalschutz erstreckt sich auf das Äußere ebenso wie das Innere des Bauwerks und wird durch den Ensembleschutz des Friedhofs als Ganzes im Jahr 2011 nicht verändert.

3. Ebenfalls geschützt sind die in der Liste des LfD von 1977 erfassten Einzeldenkmäler auf dem Friedhof. Es sind 79 Grabanlagen genannt, 4 davon sind demontiert und 3 sind trotz intensiver Suche nicht zu finden.
Was bedeutet in diesem Fall der Grabanlagen „Denkmalschutz“?

LfD: Tatsächlich sind bei der Unterschutzstellung des gesamten Friedhofareals 2011 die 1977 als besonders wertvoll betrachteten Denkmale als Kernbestand in den Denkmalschutz übernommen worden. Die Liste wurde und wird noch weiter redigiert, das heißt überprüft. Durch die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Umweltbetrieb (Frau Gerken) wird kein historisches Grabmal ohne Nachfrage und neuerliche Prüfung abgeräumt.

3.1. Wie wird der Schutz von Objekten von ihrem Amt „kontrolliert“? Sind Objekte wie Grabsteine oder Grabanlagen überhaupt in ihrer Existenz und in ihrem sich verändernden Zustand von ihrem Amt im Auge zu behalten?

LfD: Die Verpflichtung für Pflege des Ensembles Riensberger Friedhof liegt beim Eigentümer und wird wahrgenommen durch den Umweltbetrieb Bremen. Hier blicken wir in den vergangenen Jahren auf eine vertrauensvolle gute Zusammenarbeit zurück.

3.2. Welche Konsequenzen ergeben sich in der Praxis, wenn „unter Denkmalschutz gestellte“ Objekte gänzlich verschwinden oder verändert werden? Dies ist im Fall des Riensberger Friedhofs z.B. der Fall. Welche Möglichkeiten hat der Landesdenkmalpfleger?

LfD: Unseres Wissens ist seit der Unterschutzstellung des Friedhofs 2011 keines der herausragenden Grabmale ohne unsere Zustimmung verschwunden oder verändert worden.

4. Die aktuelle Liste der denkmalschutzwürdigen Grabsteine auf dem Riensberger Friedhof stammt aus dem Jahr 1977. Diese Liste entstand aufgrund des Bremer Denkmalschutzgesetztes: "Verordnung über den Schutz von Baudenkmälern und Straßen- und Landschaftsbildern vom 28. August 1973 (Brem.GBl. 1973, 203)" – das war vor 47 Jahren!
Ist diese Liste bis heute ergänzt worden? Wenn ja um welche Objekte?

LfD: Natürlich ist eine Überprüfung des schützenswerten Bestands an Bauwerken, oder in diesem Fall an Grabmalen in einem größeren Friedhofsensemble, in einem Abstand von 30 bis 50 Jahren notwendig. Da der Ensembleschutz den ganzen Friedhof zunächst schützt, kann bei Bedarf und Nachfrage zum einem aktuellen Fall Stellung bezogen werden. Eine exakte Aufarbeitung aller Grabstätten konnte das Landesamt wegen hoher Arbeitsbelastung noch nicht abschließen.

5. Falls diese Liste nicht ergänzt worden ist stellt sich die Frage, ob es nicht dringend an der Zeit ist, so eine Aktualisierung vorzunehmen, denn ständig werden historische Grabmale abgeräumt – und dies auch, wenn sie nicht einmal sichtbar die Nutzung des Friedhofs behindern. Wie stehen Sie zur Anforderung einer Aktualisierung?

LfD: Eine aktuelle, denkmalfachliche Einschätzung des gesamten gegenwärtigen Grabmalbestands auf dem Riensberger Friedhof wäre wünschenswert über die geleisteten Arbeiten z.B. von Engelbracht/Hauser hinaus.

6. Ist ihr Landesamt selbst bei bestem Willen personell überhaupt in der Lage derart vielfältige und arbeitsintensive Recherchen, Dokumentationen, Inventarisierungen und Prüfungen zu leisten?

LfD: Wir führen seit 2006 bis in die Gegenwart systematisch Projekte zur Nacherfassung des Baubestands im ganzen Bundesland Bremen durch. Diese Projektarbeit leisten für uns freie Mitarbeiter. Es ist durchaus vorstellbar, nach Abschluss dieses Nacherfassungsprojekts auch die Gartendenkmale in Bremen (dazu gehören auch die Friedhöfe) nach der erstmaligen Bestandsaufnahme im Jahr 1979 erneut systematisch zu bewerten.

Haben Sie besten Dank für ihr Bemühen.
Mit freundlichen Grüßen Michael Weisser
Bremen, den 29.8.2020

#

Skalecki, Georg (Denkmalpflege) <georg.skalecki@denkmalpflege.bremen.de>
An:MikeWeisser@yahoo.de
Cc:Schwartz, Uwe (Denkmalpflege),Todenhöfer, Achim (Denkmalpflege)
Di., 8. Sep. 2020 um 14:52

Sehr geehrter Herr Weisser,
in der Anlage finden Sie die gewünschten Antworten auf Ihre Fragen.

Mit der Unterschutzstellung des gesamten Friedhofs als Ensemble 2011 haben wir Zugriff auf die Gesamtanlage erhalten und könnten nachteilige Veränderungen verhindern bzw. können Einfluss nehmen bei beabsichtigen Umgestaltungen. Die Erfassung des gesamten Grabbestandes als Einzelerfassung und Bewertung ist ein Desiderat, das wir noch abarbeiten werden. Es schränkt aber unsere Arbeit bzw. den Schutz nicht ein, da wir von UBB vertrauensvoll immer auch bei Einzelfallenscheidungen eingebunden werden.

Mit freundlichen Grüßen
Georg Skalecki
Prof. Dr. Georg Skalecki
Landeskonservator
Landesamt für Denkmalpflege
Sandstr. 3 - D-28195 Bremen