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"NienBurg!"
Das Stadt- und Kreisarchiv

Das Stadtarchiv sammelt und bewahrt Dokumente zur Geschichte der Stadt.




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Der Parkettboden im Stadtarchiv - 0:55




An die Leitung des Stadtarchivs Nienburg -
Frau Patricia Berger

Frau Berger - im Internetportal der Stadt Nienburg an der Weser wird ihr Stadt/Kreis-Archiv als "Gedächtnis und Schatzkammer" vorgestellt. Gern möchte ich zu ihrer Arbeit vier Fragen stellen.

Ausgesagt wird über das Archiv:
"Es ist der Blick zurück in die Geschichte, der in der heutigen Zeit die Identität der Menschen mit ihrer Stadt oder Region bewahrt. Grundlage dieses Blicks in unsere Geschichte sind in erster Linie die historischen Quellen, die in den Archiven verwahrt werden." 1)

MW: Es wird von "historischen Quellen" gesprochen. Sind damit nur die Dokumente aus den vergangenen Jahrhunderten gemeint oder sammeln, bewahren und inventarisieren Sie auch aktuelle Quellen?
Der Zeit angemessen müssten diese in digitaler Form als Dateien vorliegen und in einem öffentlichen Inventar z.B. im Internet als Ansicht allgemein zugänglich sein.
Gibt es so eine aktuelle Bestandsaufnahme der Stadtästhetik von Nienburg/Weser mit ihren Bildern und Klängen - zumindest der wichtigsten Sehenswürdigkeiten? Wenn "ja" in welcher Form und wenn "nein" warum nicht?

PB: Aus Archivsicht sind mit "historischen Quellen" vorrangig die Dokumente der vergangenen Jahrhunderte oder Jahrzehnte gemeint, die Aussagen treffen über Nienburgs Bedeutung im Wandel, seine Rechtsgeschichte, die Stadtentwicklung, Zusammensetzung der Bevölkerung, politische Entwicklungen u.ä.
Das Nienburger Archiv verwahrt aber durchaus aktuelle Quellen, beispielsweise Fotografien, Filme, Zeitungen, Gemälde u.ä. Jedoch stehen gerade der Veröffentlichung jüngerer Quellen der Datenschutz, Persönlichkeitsrechte und das Urheberrecht entgegen.
Der Archivierungsauftrag bezieht sich jeweils auf das Original. Analoge Quellen werden analog bewahrt, digital erzeugte Unterlagen werden digital archiviert.
Um häufig genutzte Unterlagen zu schonen, werden je nach den finanziellen Möglichkeiten Dokumente digitalisiert.
Digitalisierte Quellen stehen bereits zur Verfügung. Dabei handelt es sich um Fotografien und Filme, so die beiden Stadtfilme von 1926 und 1975, aber auch digitalisierte Unterlagen wie die Bürgerbücher oder die Personenstandsregister bis zu einem festgelegten Zeitschnitt. Letztere können zudem online recherchiert und als Digitalisat aufgerufen werden.
Online recherchierbar sind ohnehin alle verzeichneten Titel über die Plattform Findbuch.Net inklusive einer Bestellfunktion für den Lesesaal.
In Vorbereitung ist die Onlinestellung digitalisierter Fotobestände, damit Interessierte sich ein Bild von Nienburg gestern und heute machen können. Dazu bedarf es jedoch einer eingehenden Prüfung der Urheberrechte und einer geeigneten Plattform oder Bilddatenbank.
Eine Bestandsaufnahme von Denkmälern gibt es, ist aber nicht via Internet veröffentlicht, sondern ist eingeflossen in touristische Informationsbroschüren wie der "Denkmal-Tour" der MittelweserTouristik oder aber in die Beschilderung ausgewählter Gebäude.
Es besteht die Möglichkeit, dazu Fotobestände analog im Lesesaal zu durchforsten. Diese wird von Seiten der Nutzer*innen rege genutzt.
In Sachen "Erinnerungskultur" können Interessierte über eine App Informationen über die Nienburger Stolpersteine erhalten.
Klänge sind nicht archiviert, abgesehen von vereinzelten Werken Nienburger Komponisten – besonders hervorzuheben ist die Nienburger Hausspruch-Kantate - oder Auftritten von Chören in Form von Schallplatten, Audiokassetten oder DVD’s. Es gibt jedoch kein Klanginventar mit charakteristischen Klängen wie dem Glockenspiel am historischen Posthof, dem Klappern des Storchs, dem Spiel der Trommler und Pfeifer beim Scheibenschießen oder aber dem Pausengong des Theaters. Hier sind dem Aufgabenkanon des Archivs noch Grenzen gesetzt.

Ausgesagt wird:
"Das Stadt- und Kreisarchiv Nienburg sichert und verwahrt die historischen Quellen der Region, garantiert deren Authentizität, dokumentiert den Entstehungszusammenhang und macht die Quellen der Öffentlichkeit und der Verwaltung für eine Auswertung zugänglich." 2)

MW: Viele Quellen sind als empfindliche Originale archiviert und viele Architekturen sowie Denkmäler sind nicht mehr real sondern nur noch als Abbildung vorhanden. Sind die wichtigsten Dokumente zur Stadtgeschichte und ihre Beschreibung in digitaler Form über das Internet öffentlich zugänglich?

PB: Die Antwort auf diese Frage knüpft an die vorangegangene Antwort an. Ein kleiner Teil wichtiger Dokumente liegt in digitaler Form vor, dabei sind die Personenstandsregister im Sinne der meist eingesehenen Quellen als Digitalisat online verfügbar. Interessierte können also von zu Hause forschen.
Zurzeit liegt der Fokus der Archivarbeit auf den analogen Quellen und ihrer Zugänglichkeit im Lesesaal. Gleichzeitig erfolgen strategische Überlegungen zur Übernahme und Langzeitarchivierung elektronischer Akten. Bislang setzen Kosten, Speicherkapazität und Technik der Digitalisierung und anschließender Onlinestellung enge Grenzen.

Ausgesagt wird:
"Alle Interessierten, die Schülerinnen und Schüler, die Forschenden, die Vereine ebenso wie die Verwaltungen von Stadt und Kreis Nienburg sowie die Behörden der Region haben damit die Möglichkeit, Sachverhalte zu recherchieren, Antworten auf ihre Fragestellung zu finden und Zusammenhänge sowie Entwicklungen zu erkennen." 3)

MW: Hatten Sie schon die Zeit, die wichtigsten Quellen zur Stadtgeschichte "didaktisch" aufzubereiten, also in Zusammenhänge zu stellen und intermedial zu verknüpfen um wichtige "Zusammenhänge" deutlich zu machen?
Falls das noch nicht der Fall sein sollte sei gefragt: Wäre so eine Darstellung in ihrem Verständnis der Aufgabe eines Stadtarchivs in der digitalen/medialen Gesellschaft von morgen sinnvoll und sogar ausdrücklich wünschenswert?

PB: Mit der Aussage „Zusammenhänge erkennen“ ist in erster Linie gemeint, mit Hilfe von Archivquellen aus der Geschichte zu lernen und heutige Entwicklungen aus dem „Früher“ zu erklären.
Die Besucher*innen des Archivs kommen mit individuellen Fragestellungen und Themen. Eine Seminarfachgruppe eines Gymnasiums beispielsweise bearbeitet in der Regel gleichzeitig recht unterschiedliche Facetten eines Themas. Das Erkennen der Zusammenhänge erfolgt dabei individuell und nicht durch Dritte vorbereitet. Allerdings ist die intermediale Verknüpfung von Quellen samt didaktischer Aufbereitung zu ausgewählten stadtgeschichtlichen Themen sinnvoll, vor allem um Jugendliche anzusprechen.
Dennoch birgt der haptische Reiz von Originalen eine hohe Attraktivität für die Nutzer*innen des Archivs. Eine Urkunde aus dem 14. Jahrhundert ist in ihrer Wirkung durch ein Digitalisat nicht zu ersetzen.
Eine Aufbereitung von stadtgeschichtlichen Themen durch das Archiv erfolgte bislang über die klassischen Formen "Ausstellung", "Vortrag", "Seminar" bzw. "Publikation".

MW: Als Bildender Künstler experimentiere ich im Schwerpunkt mit neuen, digitalen Medien und deren Vernetzung. Dabei interessiert mich besonders die Methode der Kompression, also der optischen Verdichtung von Bildsequenzen, um einen Ausdruck für den "Spirit" eines Themas zu schaffen.
In den letzten Jahren habe ich mich auf eine zeitgenössische Form von "Heimatforschung" konzentriert, die sich im Spannungsbogen zwischen vertrauter Nähe und fremder Ferne entwickelt.
Über den QR-Code kann man über den analogen Buchdruck hinaus in die digitale Welt des Internet gehen und dort die Medien Text, Bild, Film und Klang auf neue Weise vernetzen.
Können Sie der Verbindung von innovativen Kunstformen mit der klassischen Heimatforschung etwas abgewinnen? Könnte diese Kombination ein Weg sein, um die Heimat als Bewohner wie als Besucher "neu" zu sehen? Und könnte daraus eine "SehSchule" entstehen, die mit neuen Medien und Kunstformen das Thema auch für die Jugend interessant macht?

PB: Die Bedeutung des Digitalen nimmt rasant zu und wird auch die Aufgaben und Tätigkeiten eines Archivs verändern.
Innovative, digitale Wege auf dem Feld der "Heimatforschung" zu gehen, ist zweifelsohne gerade für Jüngere attraktiv, umso mehr, wenn dabei die Jugendlichen selber "ihre" ausgewählten Quellen, Bilder, Filme, Klänge miteinander vernetzen und so ihren "Spirit" von Nienburg finden.
Vielleicht ist dies zu pessimistisch eingeschätzt, aber ich sehe zumindest das Archiv noch lange in der traditionellen Vermittlerrolle verhaftet.

MW: Welche Atmosphären, Architekturen, Ensembles und Objekte bezeichnen SIE als prägend für die Identität von Nienburg?

PB: Die historischen Wallanlagen rund um die Stadt mit dem wunderbaren Baumbestand, die Lage an der Weser, das Treiben auf dem Wochenmarkt, der Stockturm als Relikt des Schlosses, der Posthof , die kurzen Wege in der Stadt, die ersten Störche im Nest an der Langen Straße nach dem Winter, die kleinen Gässchen rund um die Kirche, das Kreischen der Möwen über der Stadt, der Garten des Quaet-Faslem-Hauses, die Meisterkonzerte im Giebelsaal, das Innere von St. Martin…

1) 2) 3) www.Nienburg.de >>>

Stadtarchiv und Kreisarchiv Nienburg
Villa Holscher
Verdener Straße 24 - 31582 Nienburg
Telefon: 05021 87-230
Dienstags und Donnerstags von
9:00 Uhr bis 12.30 Uhr und 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr
Die telefonische Voranmeldung ist notwendig 


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